Messbarkeit
Wie berechne ich den Customer Lifetime Value und Cost per Lead im B2B-Marketing?
Das hehre Versprechen der allumfassenden Messbarkeit war und ist eines der Top-Verkaufsargumente im Online- und vor allem Performance Marketing. Messbarkeit ist super, bringt aber nur wirklich etwas, wenn quantifizierte Ziele vorliegen. Also muss ich wissen, was mir ein Kunde wert ist. Ich muss den Customer Lifetime Value (CLV) kennen, um den Erfolg meiner Kampagnen und Kanäle zu bewerten.
Einfachstes Zielsystem des Onlinemarketings aus BWLer Sicht: die schwarze Null. Nicht mehr ausgeben für den Kunden als ich mit dem Kunden verdiene. Logisch und als Formel: Customer Acquision Costs (CAC) < Customer Lifetime Value oder mit Blick auf den Cost per Lead (CPL), um den es uns geht: wenn CPL < CLV dann verdiene ich Geld.
Bevor wir uns an ein Beispiel machen, lasst uns ein paar Grundlagen betrachten: Wo unterscheidet sich B2B von B2C im Sales Prozess? Was sind Leads? Und wie ist der CPL definiert?
Was ist anders bei B2B und B2C im Sales Prozess?
Auch wenn wir in Seminaren und Keynotes wie auf der B2B Online-Konferenz gerne betonen, dass es gerade in Social Media nicht um B2B oder B2C sondern um Human 2 Human geht, so muss man doch einige Unterschiede erwähnen. In den B2B Kaufentscheidungsprozessen sind meist mehrere Personen eingebunden: Entscheider und Beeinflusser. Die Produkte sind häufig erklärungsbedürftig oder individuell ausgestaltet. Der Kauftentscheidungsprozess ist daher oft auch deutlich langwieriger und meist nicht direkt online abschließbar. Also mit Ausnahmen von B2B Onlineshops wie Normfest, Otto Office oder Jungheinrich Profishop ist Marketing im B2B eigentlich primär ein Lead-Geschäft.
Was sind Leads per Definition?
Leads sind Datensätze: Kontakte bzw. Adressen und damit eine Vorstufe vor dem Kaufabschluss. Es ist allerdings kein exklusiver B2B Sachverhalt: auch Datingplattformen begreifen neue Mitglieder als Leads und Vorstufe vor dem Sale der Premiummitgliedschaft. In beiden Fällen gibt es Gemeinsamkeiten, die wir bedenken müssen: die Qualität des Leads und die Frage was ist ein valider Lead? Reicht mir eine E-Mail-Adresse aus oder will ich einen komplexeren Datensatz mit Name, Vorname, Firma, Position, Telefonnummer? Und sind Adressen, die ich schon kenne, auch valide Leads?
Mehr Details und Aspekte zu diesen Fragen findet ihr in unserem Artikel zur Leadgenerierung. Der ist zwar schon etwas älter, aber an der grundlegenden Vorgehensweise hat sich nichts geändert. Den Prozess der Leadgenerierung hat euch Jasmin hier auch nochmal ganz anschaulich in drei Schritten erklärt.
Die Variablen in der CPL-Gleichung
Das ist der einfache Teil, sowohl für B2B als auch für B2C. Da ist auf der einen Seite der Ist-CPL, der Quotient aus Kosten und generierten Leads: CPL = Summe der Kosten / Summe der (validen) Leads. Einfach, das in der Bestandsaufnahme zu erfassen.
Schwieriger wird es bei der nötigen Messlatte: dem Ziel-CPL. Denn wo eCommerce Shops bei ihren CPOs (Cost per Order) mit Warenkörben rechnen können, muss ich bei der CPL-Bewertung Annahmen treffen, wie es denn mit der Adresse weitergeht. Wie viel % der Leads kriege ich im Sales-Prozess gewandelt? Wie viel Umsatz mache ich mit denen?
Dass zwischen generiertem Lead und Umsatz oft lange Zeitspannen und Medienbrüche liegen, ist eine große Herausforderung. Auch komplexe Produkte mit unterschiedlichen Umsätzen und Margen machen es nicht einfacher den CLV im Vorfeld zu ermitteln.
Objektiv alles richtig, und mit diesen Argumenten gestützt immer wieder gehört von B2B’lern in Seminaren: was ein Kunde wert ist kann ich nicht wirklich im Vorfeld sagen. Das bedeutet aber auch, dass viele Kanäle nicht wirklich bewertbar sind und Maßnahmen nicht bewertet werden. Sorry, das kann ich leider nicht gelten lassen. Wir können uns der Wahrheit langsam nähern.
Besser ungenau als gar nicht gemessen
Klingt vielleicht seltsam, wo man sonst immer CPCs, CPMs und Conversation Rates auf die zweite Nachkomma-Stelle genau aus Tools und Reportings erhält. Aber wenn ich es nicht genau hinbekomme, dann muss ich eben mit Näherungswerten arbeiten. Daraus ergibt sich ein Ziel-Korridor auf den ich aussteuern kann. Erst dann geht Performance Marketing los. Alles andere ist nur Budget verwalten mit Tendenzen zum Geldverbrennen.
CLV-Überlegungen und Ziel-CPL für B2B am Beispiel verdeutlicht
Auch bei unserer Planung könnten wir uns auf diese Ausreden zurückziehen. Denn auch wir haben Medienbrüche statt direkter Abschlüsse, erklärungsbedürftige Produkte und sehr individuelle Anfragen und Angebote aus denen Projekten mit Umsätzen zwischen irgendwo zwischen 1.000 und 100.000 Euro resultieren. Wie sollen wir da sagen, was uns ein Kunde oder noch schwieriger ein Lead wert ist? Wie gesagt, ungenau ist besser als gar nicht. Also was machen wir draus?
Schritt 1: Was verdiene ich mit dem Kunden?
Wenn auch immer ich ein von bis habe: Mittelwert nehmen. Bei 300.000 Euro Umsatz aus 20 Projekten wären es also 15.000 Euro im Schnitt. Wird bei keinem Kunden genau so eintreten, ist aber mein Erwartungswert. Der ist sicherlich sogar zu niedrig, da ich durchaus auf Folgegeschäfte hoffen darf. Wer heute einen Strategie-Workshop ordert, der braucht vielleicht in 12 Monaten einen Schulterblick oder will Mitarbeiter schulen lassen. Auch hier hilft wieder ein Blick in mein CRM um zu ermitteln, wie viel Folgeschäfte ich im Schnitt mache.
Umsatz ist aber nicht gleich Deckungsbeitrag. Also multipliziere ich den Umsatz mit meiner Marge und komme auf den Betrag der am Ende übrig bleibt und den ich für Marketing und Lead-Generierung ausgeben könnte. Auch hier muss der Mittelwert zur Vereinfachung ran.
Ich sollte den CLV nicht zu konservativ schätzen, da ich sonst Kanäle zu schnell klein optimiere und so weniger Leads und Umsatz generiere.
Schritt 2: Wie viel Prozent der Leads kriege ich gewandelt?
Auch wenn so tolle Vertriebler-Sprüche wie „nicht gekauft hat er schon“ es anders andeuten, ist eines Fakt: Nicht jeder Lead wird in einen zahlenden Kunden umgewandelt. Beim Beispiel unseres Whitepapers melden sich neben potentiellen Kunden auch Studenten und Wettbewerber, also sind es vielleicht 10% der Leads, die wir wirklich umwandeln können.
Eine reine Annahme, die auf Erfahrungswerten beruht. Für crowdmedia könnte ich das Verhältnis Seminarteilnehmer zu generierten Kunden heranziehen oder angenommene Angebote im Verhältnis zu rausgeschickten Angeboten.
Unser Ziel CPL ist somit: erwarteter Umsatz * Marge * Conversion Rate Leads zu Sales. So einfach ist das.
Und was leite ich aus CLV und CPL für mein Budget ab?
Das ist einfach: wenn ich CLV und CPL kenne, dann budgetiere ich (theoretisch) mein Marketing nicht mehr. Mit jedem Lead, den ich zu meinem Ziel-CPL oder günstiger generiere, verdiene ich Geld. Mein Budget ist also nicht mehr gedeckelt, sondern ich bin nur durch die Zahl der Leads limitiert, die ich auch wirklich verarbeiten kann.
Warum ungenau wirklich besser ist als gar nicht
In dem, was hier beschrieben wurde, stecken viele Annahmen und keine von denen wird zu 100% stimmen. Trotzdem hilft es zu steuern. Und wenn meine Annahmen nicht stimmen sollten, dann habe ich nicht versagt, sondern dann habe ich was gelernt – auch sehr wertvoll. Mit der Zeit kann ich das nutzen und anhand meiner Erfahrungen weiter unterteilen.
Vielleicht sind Leads aus Adwords wertvoller, weil sie näher am Abschluss sind. Vielleicht sind Facebook Leads weniger wertvoll, weil die Projekte kleiner ausfallen. Aber all das sind auch nur Annahmen. Mit denen sollte ich nicht starten, die sollten am Ende als Erkenntnis aus einem Lernprozess stehen.
Also liebe B2B-Mittelstands-Weltmarktführer: Fangt mit dem Teil an, den ihr kennt: euren Produkten und Kunden. Und leitet daraus eine Annahme ab, was ihr ausgeben könnt. Der Rest ist Lernkurve durch bauen, messen, lernen. Viel Spaß dabei.
Wer sich für das Thema interessiert, der sei auf diesen Artikel zum agilen Marketing oder auf das Buch Lean Analytics hingewiesen.