Quelle: rawpixel.com

Storytelling im B2B-Marketing

von am 2. April 2019 verfasst


Warum Stories im Marketing generell wichtig sind, hat dir Mirjam ja bereits in ihrem Artikel zum emotionalen Marketing erzählt. Auch wie strategisches Storytelling an sich funktioniert, weißt du dank Jennys letztem Beitrag vermutlich schon. Aber wie sieht es eigentlich mit Storytelling im B2B-Marketing aus? Ob das eine gute Idee ist und wenn ja, wie du hier am besten vorgehen kannst, das erfährst du in den folgenden Absätzen. Also hol dir noch schnell einen frischen Kaffee oder Tee, lehn dich zurück und lies fleißig weiter.

Storytelling trotz Digitalisierung: Geschichten bleiben

Hätten wir keine Stories, die wir uns gegenseitig erzählen können, gäbe es quasi kein soziales Leben. Heute wie damals an den Lagerfeuern oder noch früher in den Höhlen: Menschen erzählen und hören gerne Geschichten. Entweder um sich gegenseitig zu unterhalten oder um ihr Wissen weiterzugeben. Bei vielen dieser Geschichten, die wir in tagtäglichen Gesprächen erzählen, spielen Marken und Unternehmen eine nicht allzu kleine Rolle. Ein einfaches Beispiel zeigt der stark an „Täglich grüßt das Murmeltier“ erinnernde Dialog unserer Mittagspause. Der erste, der Hunger hat ruft in die Runde: „Was ist heut eigentlich mit Essen?“ Einer meint: „Ich hab’ Lust auf Pasta, Schanzenbäcker?“ (Marke) Der nächste: „Die von Campus Suite schmeckt aber besser!“ (Marke). Der nächste: „Ich möchte Sushi. Kommt wer mit zu Tokyo Sushi? Eine Kollegin gestern meinte, das war so lecker dort.“ (Marke) „Ich hol mir was von Subway. Hab‘ gehört, die haben neue leckere Specials.“ (Marke), usw. Du merkst schon, bei Empfehlungen (wie hier bzgl. der Wahl des Mittagessens) vertrauen wir stark auf die Meinung unserer Mitmenschen.

Bibimbap

Quelle: Bibimbap, Foto von unsplash: Jakub Kapusnak

Häufig geben wir solche Empfehlungen aber nicht direkt ab, sondern verpacken sie zum Teil bewusst, zum Teil unbewusst in Geschichten. Ein Beispiel: „Gestern war ich mit meiner Freundin Steffi bei Yorisa essen. Das ist ein richtig leckerer Koreaner in Winterhude. Der Besitzer ist unglaublich freundlich. Der erklärt dir nicht nur, dass Bibimbap sein Nationalgericht ist und aus welchen Zutaten es besteht. Er sagt dir auch, wie genau du das Gericht essen sollst. Denn nicht nur was, sondern auch wie wir essen, sei extrem wichtig für den Geschmack. Mich erinnert Bibimbap immer an meine Zeit in Frankfurt. Dort habe ich mit zwei sehr temperamentvollen Südkoreanerinnen zusammengewohnt. Auch sie haben damals häufig Bibimbap zubereitet. Ich weiß noch, wie sie mir erzählt haben, dass es sehr wichtig sei, wie wir das Gemüse klein schneiden und in welcher Reihenfolge, wir was anbraten, wie wir es anschließend anrichten usw.“ Statt soweit auszuholen hätte ich auch einfach nur sagen können: „Für Bibimbap kann ich dir Yorisa empfehlen“ Gerne verpacken wir solche Informationen aber eben in längere Geschichten, um unsere Mitmenschen zu unterhalten. Sei es nun mündlich oder in Zeiten von Social Media und Co. online auf Facebook, Bewertungsportalen, über WhatsApp oder in einem Blogartikel 😉

Geschichten und das Hirn

Im Gegensatz zu reinen Fakten regen emotionale Geschichten unser limbisches System an, sprich den Teil unseres Gehirns, der für Intuition, Gefühle und Emotionen sowie Assoziation verantwortlich ist. Somit sind Informationen, die in Form einer Geschichte verpackt sind, wesentlich merkfähiger.

Bereits in 2013 fand Adobe in einer Studie zum Thema Online-Marketing heraus, dass für bereits 73 Prozent der deutschen Verbraucher Werbung erst dann interessant wird, wenn sie nicht bloß ein Produkt verkaufen will, sondern eine originelle Story erzählt. Aufgrund der immensen Flut an Werbung und Content an sich, wird diese Prozentzahl heute vermutlich noch höher sein. Außerdem gehen Hirnforscher mittlerweile davon aus, dass in etwa 80 Prozent unserer Kaufentscheidungen unbewusst getroffen werden. Selbst über die restlichen 20 Prozent bestimme außerdem nicht allein unser Verstand. „Es gibt keine Entscheidung, die nicht emotional ist“, so beispielsweise der Diplom-Psychologe Dr. Hans-Georg Häusel.
Marketing-Verantwortliche aus dem B2C-Geschäft setzen daher schon lange auf die Macht von Geschichten. Sie überzeugen ihre Kunden nicht nur mit trockenen Daten und Fakten, sondern durch emotionsgeladene Stories.

Ja, Zahlen Daten und Fakten sind auch wichtig…

…aber sie kommen in der Regel erst später ins Spiel. Gerade im B2B-Bereich sind die Wettbewerber oft besonders stark. Produkte ähneln sich häufig, was Qualität und Preis angeht. Daher ist eine Differenzierung rein über Zahlen und Fakten kaum möglich. Stattdessen müssen sich die Marketingbotschaften auch hier auf einer andere Ebene von der Konkurrenz abheben und zwar auf der emotionalen. Denn auch hier reden am Ende des Tages immer noch Menschen mit Menschen und nicht Maschinen mit Maschinen. Immerhin gaben bei der Studie „Only Human – The Emotional Logic of Business Decisions“ 62 Prozent der B2B-Kaufentscheider bewusst an, sich bei Entscheidungen oft auf ihr Gefühl zu verlassen.

Storytelling im B2B-Marketing

Unternehmen wollen also dieses positive Bauchgefühl bei ihrer Zielgruppe erzeugen. Sie wollen, dass sich die Kunden wohl fühlen beim Kauf ihres Produktes oder der Inanspruchnahme ihrer Dienstleistung. Daher greifen sie auf emotionale Geschichten zurück, beispielsweise sind das Geschichten…

  • …des Unternehmens (die eigene Historie)
  • …der Kunden (ihre Erfolge)
  • …der Marke oder der Produkte (im Mittelpunkt stehend)
  • …der Mitarbeiter (von und über sie)
  • …der Community (Wo hat sie unterstützt?)

Und was könnte das jetzt konkret im B2B-Marketing sein?

Wie wäre es denn mal mit einem Blog-Artikel eines Mitarbeiters oder einem Tagebuch zur Entwicklung eines neuen Produktes oder über den Bau einer Fabrikanlage? Wer sind die Menschen dahinter? Wer ist der Entwickler, Designer, Ingenieur, Architekt im Hintergrund? Wer hat dein Produkt, deine Dienstleistung erfunden? Wer hat das Unternehmen entwickelt? Oder gab es ggf. kleinere Pannen im Produktionsprozess, über die man augenzwinkernd berichten könnte? Was geschieht hinter den Kulissen?

Wie das das Ganze aussehen kann, zeigen dir die folgenden zwei Beispiele. Den beiden Unternehmen ist es meiner Meinung nach besonders gelungen, ihre Produkte durch Storytelling zu „bewerben“. Das erste Beispiel ist von HP:

Anstatt die technischen Vorteile des All-in-One-PC mit 3D-Scanner aufzuzählen, erzählt HP hier eine sehr emotionale Geschichte über unsere Hände. HP zeigt uns, wie unsere Hände die Welt verändern können, durch das, was sie schon alles erschaffen haben und noch erschaffen können. Im Mittelpunkt steht hier ganz klar wieder der Mensch bzw. der Nutzer und nicht das Produkt selbst. Es geht um den Mehrwert des Produktes und darum, was wir alles mit unseren Händen durch dieses Produkt erschaffen könnten.

Ein weiteres tolles Beispiel kommt vom Schmierstoffhersteller Klüber Lubrication, der sich auf die Schmierung von Bauteilen und Anlagen fokussiert hat:

Auch Klüber Lubrication sieht davon ab, über die Zusammensetzung oder die Vorteile der Schmierstoffe an sich zu sprechen. Stattdessen wird in dem Video eine wahrhaft rebellische Entdeckergeschichte von der Durchquerung der Atacama Wüste mit dem Fahrrad erzählt.

Timing: Die richtige Geschichte zum richtigen Zeitpunkt

Geht man nun strategisch an das Thema Storytelling heran, sollte man sich Gedanken über den Zeitpunkt der Geschichte in der Custumer Journey bzw. der Positionierung im Sales-Funnel machen.

Nutzt man beispielsweise eine Kunden-Geschichte bereits zu Beginn der Customer Journey, also in der Inspirationsphase, so muss der Fokus nicht auf dem Detail der Lösung liegen. Stattdessen geht es zu diesem Zeitpunkt eher darum, Impulse zu setzen und hierdurch überhaupt erstmal eine Nachfrage zu wecken oder diese zu bestärken. Geschichten werden hier funktional zum Priming eingesetzt, d.h. zum unbewussten Setzen von Kaufimpulsen. In dieser Phase heißt es: Je emotionaler man erzählt, desto besser, denn umso neugieriger wird der Kunde auf neue, weiterführende Informationen.

Nach konkreten Zahlen und Fakten bzgl. spezieller Produkt-Features oder ähnlichem, suchen die Kunden i.d.R. erst zu einem späteren Zeitpunkt. Zu Beginn geht es erst einmal darum, dem Kunden ein bestehendes Problem und somit einen Bedarf für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung aufzuzeigen. So kann man zum Teil auch nur unterbewusst Impulse zu setzen und Aufmerksamkeit zu schaffen.

Storytelling im B2B-Marketing: Funnel-Grafik

Eigene Darstellung: Customer Experience im Sales-Funnel

Checkliste: Kernfragen für gutes Storytelling im B2B-Marketing

Zum Abschluss habe ich dir noch eine kurze Checkliste für deine Stories im B2B-Marketing zusammengestellt. Stell dir zu deiner Story immer folgende Fragen:

  • Hat die Geschichte einen einprägsamen Slogan?
  • Ist die Geschichte universell und authentisch?
  • Ist die Geschichte einfach verständlich und berührt sie emotional?
  • Gibt es in der Geschichte einen Protagonisten/Helden?
  • Kann sich die Zielgruppe in der Geschichte wiederfinden?
  • Enthält die Geschichte einen Konflikt, der gelöst wird?
  • Bietet die Geschichte einen eindeutigen Mehrwert?
  • Ist die Geschichte serientauglich, könnte es eine Fortsetzung geben?

Und frag dich am besten immer selbst: Wenn dir jemand diese Geschichte erzählt, würdest du sie weitererzählen?

Dieser Blog-Beitrag wurd verfasst von:

Content-Marketing

Als Wirtschaftspsycholgin denkt Vanessa sich gern in Zielgruppen und ihr Verhalten hinein, insbesondere bei der Nutzung von Social Media. Auf unserem Blog teilt sie daher ihr Wissen und ihre Gedanken rund um Strategieentwicklung, Zielgruppen und Konsumentenverhalten. Außerdem gibt sie ihre Erfahrungen aus der Praxis weiter.

0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments