Andere kriegen es doch auch hin – das sollte Ansporn sein
Was so richtig schneller und guter Service via twitter sein kann, das habe ich Ende Februar bei Crowne Plaza der Intercontinental Hotel Group (kurz IHG) erlebt. Was war passiert? Als Gast im Crowne Plaza in Wiesbaden kommt man generell in den Genus von kostenfreiem WLAN in Zimmer und Lobby. Das hatte an den beiden vergangenen Tagen gut funktioniert. Am letzten Tage war jedoch scheinbar direkt mit dem Checkout mein Zugang (über Zimmernummer und Nachname als Zugangsdaten) gesperrt worden. Das geplante „noch schnell zwei oder drei Mails in der Lobby schreiben und dann los“ wurde also schwer. Den Cut fand ich recht hart. Ein Blick auf den Twitter-Account von Crowne Plaza verstärkte mein Gesprächsbedarf.
Schließlich versprach der mir im Header als Hotel der Oberklasse einen angenehmen, erholsamen und produktiven Aufenthalt zu gewähren. Angenehm und erholsam war es. Nur produktivitätsseitig fühlte ich mich leicht beschnitten. Eine Information, die ich dem Twitter Account von Crowne Plaza nicht vorenthalten wolle. Was ich hier erlebt habe, war wirklich begeisternd für mich: Trotz der erwarteten Zeitzonen-Differenzen schaltet sich der der Service Account der IHG in kürzester Zeit ein und stand mir freundlich und kompetent zur Seite. Service so wie er sein soll: Im 30 Minuten Rhythmus wurden die ersten Schritte per Twitter geklärt und dann gab es am Ende zwei lange Mails, die alle offenen Fragen regelten.
@CrownePlaza cutting wifi access the very moment of my checkout: not helpful keeping me productive in the last 15 minutes of my stay 😉
— Sven-Olaf Peeck (@sopeeck) 26. Februar 2015
Vielleicht denke ich zu simpel – aber das „mit Kunden reden“ ist doch nicht neu!?!
Auch wenn die Causa „Nowitzki, Vegetarismus und die IngDiba“ oder der vermeidliche Shitstom beim FC Bayern schon eine Weile her sind: Vor allem erinnere ich mich, dass gestandene Mitarbeiter von großen Firmen (z.B. auch der damals bereits auf Facebook aktiven Hamburger Sparkasse) durchaus anfingen, schwer zu atmen als ich ihnen Auswertungen wie diese Grafik zu den Nutzerbeiträgen pro Tag zeigte.
Sicher ist ein sprunghaftes Wachstum der Anfragen mit Arbeit verbunden aber generell kann, nein, DARF es für ein Unternehmen der Größe einer Hamburger Sparkasse doch keine wirkliche Herausforderung sein, mit mehren hundert oder sogar tausend Anfragen pro Tag umzugehen.
Die Haspa hat nach eigener Angabe 1,40 Millionen Kunden und über 5.000 Mitarbeiter. Wenn wir den FC Bayern Case mit 1.500 Posts pro Tag zugrunde legen, wären das 0,1 % der Kunden, die es sonst zu betreuen gilt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass nicht mindestens so viele Telefonate jeden Tag eingehen. Und wer sich wie die Ing Diba mit einem Testimonial wie Dirk Nowitzki schmückt, der will doch das ihm die Bude eingerannt wird. Bei allen anderen wird in den sozialen Netzwerken nichts ausbrechen, was an Potential nicht auch schon vorher vorhanden war. Wer Millionen von Kunden hat, der muss die Service-Kapazitäten bereitstellen: egal ob Bank, Modeversender, Deutsche Bahn oder Versicherung. Wer als spezialisierter Maschinenbauer 100 oder 1.000 aktive Kunden hat, der kommt mit weniger aus.
Der entscheidende Punkt ist die Ausgestaltung der Prozesse.
Die Kundenflüsterer habt ihr schon, Kompetenz und Prozesse sind der Hebel Zurück zu meinen schnappatmenden Seminarteilnehmern. Denen trage ich zur Beruhigung gerne die Argumentation vor, dass es die nötigen „Kundenflüsterer“ in der Firma geben muss. Sei es im Sales, im Service, Callcenter – Märkte sind Gespräche, Märkte waren schon immer Gespräche. Wer also in seinem Markt erfolgreich ist, der konnte, durfte oder musste in der Vergangenheit bereits mit Kunden und Stakeholdern kommunizieren. Nun gilt es also:
- die Kundenflüsterer zu identifizieren,
- sie mit dem nötigen Wissen über die neuen Kommunikationskanäle auszustatten
- sie mit den Kompetenzen auszustatten, ab sofort öffentlich als Sprecher der Organisation aufzutreten
- Prozesse zu etablieren, die Kundenflüsterer mit den weiteren Kommunikatoren verdrahten
Wer Social Media ernst meint, der muss diese Schritte gehen und sich auch bereit machen für die eingehenden Kommunikation. Social Media ist keine Insel, daher muss es auch an dieser Stelle in bereits bestehende Prozesse integriert werden.