Content-Marketing
Kaufentscheidungsprozess demaskieren mit den 5 Rings of Buying Insight
Helena, 43 Jahre alt, verheiratet, Mercedes-Fahrerin etc. – die meisten Unternehmen und ihre Marketingabteilungen arbeiten mit rein hypothetischen Ansammlungen demographischer Daten und versprechen sich daraus wertvolle Erkenntnisse. Tatsächlich haben Informationen, wie Alter, Geschlecht oder Beziehungsstatus jedoch nur eine begrenzte Aussagekraft.
Für B2C-Kunden helfen fiktive Persona-Steckbriefe möglicherweise gut, um sich in die Kundenbedürfnisse und -Welten zu denken. Vanessa erklärt in ihrem Artikel, was Persona überhaupt sind und wie du vom simplen Persona-Steckbrief zur konkreten Buyer Persona kommst. B2B-Kunden hingegen sind in ihren Branchen und Kaufentscheidungen etwas komplexer. Firmen sollten ihre oftmals knappen Ressourcen künftig besser einsetzen. Ich verrate dir nun, wie diese methodisch entlarvt werden.
Buyer-Personas-Erhebungen nach Adele Revella
Nachdem ich Revellas Literatur verschlungen habe, bin ich mir sicher: Genug mit Spekulationen, einfach nachgefragt! Unternehmen, die hinsichtlich ihrer Kundenbedürfnisse nicht länger im Dunkeln tappen wollen, sollten sich die Frage stellen: (Was) Ist mir dieses Projekt Wert? Denn ja, eine solche Befragung ist ein Projekt – von der Auswahl der Interviewpartner über die Terminvereinbarung und Interviews bis hin zur Auswertungstabelle und fertigen Personae. Je nach Umfang der Interviews und Interviewpartner, kann ein solches Unterfangen mindestens drei Monate dauern. (Wenn du mehr von der Planung bis zur Umsetzung erfahren möchtest, hinterlasse mir gerne einen Kommentar und ich plane dazu einfach meinen nächsten Blogartikel)
Zurück zu Revella: Die Marketingexpertin und Gründerin des „Buyer Persona Institute“ in Chicago, rät in ihrem Buch „Buyer Personas: How to Gain Insight Into Your Customer’s Expectations“ zu offenen Gesprächen mit relevanten Marketingstakeholdern der Branche, um echte eigene Erkenntnisse zu gewinnen. Für Revellas Ansatz zentral, sind die so genannten „5 Rings of Buying Insight“ – fünf Ringe, die Aufschluss geben über die Kaufentscheidung bzw. Entscheidungsfindung bestehender und potenzieller Kunden.
- Priority Initiative: Investitionsauslöser
- Success Factors: Erfolgsfaktoren
- Perceived Barriers: Wahrgenommene Hürden
- Buyer’s Journey: Weg der Kaufentscheidung inklusive Entscheidungseinflüsse
- Decision Criteria: Entscheidungskriterien
5 Rings of Buying Insight: Kaufentscheidungsprozess demaskieren
Ziel der zwanzigminütigen Gespräche mit relevanten Marketingentscheidern ist es, möglichst viele für sich relevante Ringe zu demaskieren. So werden mögliche Stolpersteine und Hindernisse innerhalb der eigenen Customer Journey sichtbar. Beispiele hierfür könnte das Website-Design, das als „altbacken“ empfunden wird, zu wenig Blick hinter die Unternehmenskulissen, zu teure Preise, wenig überzeugender Content und vieles mehr sein.
Dieses gewonnene Wissen bringt einen entscheidenen Vorteil gegenüber Mitbewerbern mit sich: Wer weiß wo der Schuh drückt, hat einen Wissensvorsprung und kann – genau da wo es hakt – gezielt ansetzen, um zu optimieren oder adaptieren. Erfolgreich umgesetzt steigern die neu gewonnenen Erkenntnisse den Abverkauf bzw. die Upselling-Aktivitäten, dienen der Bestandskundenpflege oder locken neue Kunden an.
Um den Kaufentscheidungsprozess zu demaskieren, musst zu zuerst eine Menge Fragen stellen. Dabei hilft die Betrachtung der fünf Ringe im Detail:
Ring 1 – Priority Initiative (Investitionsauslöser)
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird eine Veränderung oder Erkenntnis in der Umwelt des Entscheiders dazu führen, die Suche nach einer Lösung in Gang zu setzen. Im ersten Ring findest du bestenfalls die Antwort auf: Was bringt den Kunden dazu, nach einem Produkt bzw. einer Dienstleistung eines bestimmten Typs Ausschau zu halten? Was löst den Bedarf nach einer Lösung bei potenziellen Kunden aus?
- Der Investitionsauslöser bzw. Trigger-Moment ist der Hauptgrund, warum sich die Person dazu entscheidet, in eine neue Lösung zu investieren, die ähnlich zu deinem Angebot ist.
- Dieses Insight beschreibt detailliert die persönlichen oder organisatorischen Hintergründe für das Investment (in Zeit, Budget oder politisches Kapital).
- Marketeers nutzen diese Insights auch, um ihre Strategien zu definieren, verteidigen und um positive Touchpoints mit potenziellen Kunden zu kreieren, die noch ganz am Anfang ihrer Entscheidung stehen.
Ring 2 – Success Factors (Erfolgsfaktoren)
Der zweite Ring demaskiert die Antwort auf die Frage: Welches positive Ereignis tritt aus Sicht des Kunden ein, wenn der Kauf abgeschlossen ist?
- Die Erfolgsfaktoren beschreiben die operativen und persönlichen Ergebnisse, die der Kunde sich von dem Kauf des Produktes bzw. der Lösung erhofft.
- Erfolgsfaktoren ähneln Benefits und zielen auf eine „Ändert-das-Was?“-Frage ab.
Ein Beispiel: Deine Servicelösung garantiert eine Senkung der Kosten. Die Befragung hat jedoch ergeben, dass der potenzielle Käufer lieber die Risiken für sein Unternehmensbereich minimiert. Damit ist seine/ihre Motivation mitunter die Kontrolle spezifischer Details im Blick zu behalten. Mit diesem Wissen kannst du deine Lösung relevanter kommunizieren, indem du auf mögliche Risiken eingehst und erläuterst, inwiefern sie Möglichkeiten zur Kontrolle schafft.
Ring 3 – Perceived Barriers (Wahrgenommene, typische Hürden)
Nur weil einem Kunden ein Problem bewusst wurde, heißt dies nicht automatisch, dass er sich sofort für eine passende Lösung entscheidet. Frag dich: Welche Einstellungen oder Fakten halten den Entscheider vom Kauf ab? Der dritte Ring sollte also die Antwort auf die Frage liefern, welche Faktoren es sind, die den Kauf eines bestimmten Produktes oder Services verhindern.
- Wahrgenommene Barrieren oder Knirschpunkte sind oft „Bad News“, da sie preisgeben, was potenzielle Kunden vom Kauf abgehalten haben.
- Negative Eindrücke bzw. Erfahrungen mit spezifischen Anbietern oder Produkten können hier zu Tage kommen – übrigens ganz unabhängig davon, ob sie zutreffend sind oder nicht.
- Auch fehlende Produkteigenschaften fallen in diese Kategorie: Warum manche Kunden denken, deine Mitbewerber hätten bessere Produkte oder Lösungen in petto. Versuche Kunden, die sich für einen Wettbewerber entschieden haben, im Gespräch eine Begründung zu entlocken.
- Interner Widerstand eines weiteren Entscheiders oder eine Neupriorisierung der Projekte können solche Knirschpunkte oder Barrieren sein.
- Wenn du weißt, wo die wahrgenommenen oder realen Barrieren liegen und was en détail dahintersteht, dann weißt du auch was zu tun ist um diese zu entzaubern: Überzeuge den Käufer von deinen Produktvorteilen aus Ring 1 und 2.
Ring 4 – Buyer’s Journey (Weg der Kaufentscheidung)
Die Einsicht in diesen Ring sollte die eigentliche Entscheidungsfindung transparent machen. Wie ist der Entscheider vorgegangen, um verschiedene Lösungsmöglichkeiten bzw. Optionen zu evaluieren: Hat er die Suchmaschine angeschmissen oder folgt er lieber Peer-Empfehlungen? Du wirst sehen: Vertrauen spielt hierbei eine zentrale Rolle. Wie viele Lösungen waren das Ergebnis der Recherche?
- Dieses Wissen offenbart die Behind-the-Scenes-Story hinter der Lösungssuche: Welche Arbeit unternimmt der potenzielle Käufer, um Lösungen zu evaluieren, mögliche Störfeuer zu löschen und intern seine finale Entscheidung zur Lösungssuche zu treffen?
- #Influencer – Dieser Einblick macht sichtbar, welche Kontakte den potenziellen Kunden im Prozess beeinflussen und wie die Herangehensweise von Beginn bis zur finalen Entscheidung ist.
Eine interessante Frage lautet: Wer hatte in welcher Phase wie viel Entscheidungsgewalt? - Nutze die Käufer-Reise und münze deine Verkäufe und Marketing-Aktivitäten auf die wichtigsten Phasen der Entscheidung. Betone Ressourcen deiner Lösung an der richtigen Stelle, um die wichtigsten Entscheider bestmöglich in ihrem „Schmerz“ entlang ihres Weges abzuholen und einfach „mitzunehmen“.
Ring 5 – Decision Criteria (Entscheidungskriterien)
Wenn Entscheider verschiedene Anbieter miteinander vergleichen, tun sie das auf Basis von Produkteigenschaften. Es handelt sich also um persönliche oder unternehmenseigene Evaluationskriterien, die zum Einsatz kommen. Fragen, die zu dieser Einsicht führen lauten: „Und wie wurden Kandidaten ausgeschlossen, um schließlich die finale Wahl zu treffen? Welche Bewertungskriterien legen sie an, um die Lösungen von Anbietern zu evaluieren und zu vergleichen?“
- Dieses Wissen erlaubt einen genauen Blick auf die Kriterien, die schließlich zur Kaufentscheidung führen. Was sind die relevanten Attribute des Produktes, Services oder der Lösung, die für den potenziellen Käufer in Anbetracht kommen?
- Vielleicht findest du heraus, dass eure neusten oder unterscheidungskräftigsten Features den geringsten Einfluss auf die Lösung haben.
- Marketeers sind häufig überrascht, wenn sie von Kunden erfahren, dass ihre benefitorientierten Marketingmaterialien gar nicht gut ankommen. Tipp: Faktenbasierte Infos schaffen manchmal mehr Vertrauen als anpreisende Versprechungen.
Bessere Personae dank Buying Insight
Du siehst: Wenn es darum geht Entscheidungsprozesse abzubilden, spielen demographische Daten nur eine geringe Rolle. Verwende nicht zu viel Zeit darauf und stelle dir die „Ändert-das-was?“-Frage. Aber noch viel wichtiger: Sei aufmerksam mit dir selbst. Wenn du einen Persona-Steckbrief formulierst und dich fragst, ob diese oder jene Information Sinn ergibt, dass lass sie weg. Mein Motto lautet: Im Zweifel für den Zweifel.
Von größerer Bedeutung sind die fünf Ringe der Buying Insights. Sie liefern echte Erkenntnisse. Was bringt es dir zu wissen, welche Marke der potenzielle Kunde bevorzugt, wenn du nicht weißt warum? Siehste!