Der Homo Oeconomicus hat mit dir und mir ungefähr so viel gemeinsam wie die häufig miteinander verglichenen Äpfel und Birnen. Der rational handelnde Konsument entspringt eher einem Märchen, dessen Inhalt uns mit erhobenem Zeigefinger etwas lehren will.
Kaufentscheidungen werden emotional und implizit gefällt und basieren auf handlungsbeeinflussenden Motiven. Eine Tatsache, welche die Neurowissenschaft unlängst beweisen konnte.
Unter Berücksichtigung der Archetypen hat deine Marke die Möglichkeit, die Markenkommunikation entsprechend emotional und „vermenschlicht“ auszurichten, sodass die Inhalte dem herrschenden Informationsüberfluss trotzen und deine Konsumenten eine emotionale Beziehung zu deiner Marke aufbauen können.
Quelle: Handelsblatt-Interview vom 27.02.2015
Was sind die Archetypen?
Der Schweizer Psychiater und Mitbegründer der Tiefenpsychologie Carl Gustav Jung hat die menschliche Psyche in drei Bereiche gegliedert: das persönliche Bewusste, das persönliche Unbewusste und das kollektive Unbewusste. Dabei entspricht das kollektive Unbewusste der Gesamtheit aller Erfahrungen und Erinnerungen vergangener Generationen. Aus dieser entwickelte C.G. Jung das Konzept der Archetypen in den 1930er Jahren. Seiner Auffassung nach sind Archetypen universale Urbilder oder Urfiguren, die an Emotionen geknüpft sind und das gemeinsame Erbe der Menschheit bilden. So ging C.G. Jung davon aus, dass Archetypen entsprechend vererbbar sind. Heute ist bekannt, dass sie erlernt werden. Sie sind somit ein sozialpsychologisches beziehungsweise kultur-anthropologisches Phänomen.
Wie Apple dieses Wissen für sich nutzt, hat meine Kollegin Mirjam in ihrem Beitrag zu emotionalem Marketing sehr gut aufbereitet.
Storytelling mit Archetypen
Diese Markengeschichten beziehungsweise das Verständnis für eine Marke ist den Konsumenten oft nicht bewusst, führt aber zu dauerhafter Markensympathie und zu intuitivem Markenvertrauen. So sind die Vorstellungen, die sich verschiedene Menschen von Archetypen machen, verblüffend ähnlich. Diese Erkenntnis eingesetzt, enthalten viele Markengeschichten archetypische Motive implizit. Für Marken, insbesondere global agierende, ist das archetypische Storytelling von besonderer Relevanz: Es macht die Marke weltweit verständlich, überzeugend und greifbar.
Welche Archetypen gibt es?
In der Darstellung erhältst du einen Überblick über die 12 Archetypen und wie diese thematisch zusammenzufassen sind.
Quelle: In Anlehnung an die Grafik der 12 Archetypen nach Thomas Pyczak
Der Unschuldige
Der Unschuldige ist neugierig, spontan und optimistisch mit einem gewissen Maß an Naivität. Seine wichtigsten Werte sind Glück und Vertrauen, sein höchstes Ziel, andere glücklich zu sehen.
Der Weise
Dem Weisen geht es vor allem um Wahrheit und der damit verbundenen Aufklärung. Mit seiner Intelligenz, wahrheitsliebenden Art und analytischen Fähigkeiten will er die Welt erkennen. Sein Ziel ist das Bewahren der Menschheit vor Irrtümern.
Der Entdecker
Der Entdecker muss hinaus in die Welt, Abenteuer erleben und erforschen, „wie alles zusammenhängt“. Er ist ehrgeizig, unbeirrbar, probiert Neues aus und legt großen Wert auf Unabhängigkeit. Sein Ziel ist die Auseinandersetzung mit allem Neuem und ein erfülltes Leben.
Der Rebell
Regeln sind da, um sie zu brechen – danach handelt der Rebell aus tiefster Überzeugung. Sein Vorgehen: Disruption, Revolution oder Schock. Seine Intention ist zum einen sein persönlicher Erfolg, der in Unabhängigkeit und Freiheit mündet, zum anderen die Befreiung der Menschheit von Zwängen mit dem Ziel eines besseren Lebens.
Der Held
Der Held ist in vielen Formen anzutreffen: Kriegshelden, Wettkämpfer oder Sportler sind Retter, die die Welt braucht. Sie sind willensstark, selbstbewusst und hilfsbereit. Seine Ziele verfolgt der Held mit höchstem Vertrauen in sich selbst und dem Glauben daran, das Schlechte zu bekämpfen und das Gute zu fördern.
Der Liebende
Der Liebende ist leidenschaftlich, verführerisch, strebt nach Nähe und Geborgenheit. Er gibt anderen das Gefühl, einzigartig zu sein und vermittelt Verständnis sowie Dankbarkeit.
Der Narr
Der Narr sucht das Vergnügen und die Freude in allem, was er macht. Ihm ist die Sympathie anderer Menschen wichtig, deshalb unterhält er sie. Zudem ist es sein Ziel, andere zu bespaßen. Er lebt im Hier und Jetzt und genießt den Augenblick.
Der Jedermann
Er ist der unauffällige Mitbürger – Konterpart des Helden. Er ist bodenständig, angepasst, „08/15“ und angenehmes Mitglied der Gesellschaft. Seine Gradlinigkeit, Zuverlässigkeit und Bodenständigkeit zeichnen ihn aus. Einfach ein loyaler Begleiter.
Der Betreuer
Er kümmert sich selbstlos, einfühlsam und verantwortungsbewusst um andere, will helfen, unterstützen, Schutz geben. Ihn treibt die Überzeugung an, dass nur Nächstenliebe das Leben erfüllt.
Der Herrscher
Der Herrscher steht für den Erhalt von Sicherheit und Ordnung. Mit großem Verantwortungsbewusstsein strebt er das Ziel einer harmonischen Gesellschaft an. Er versucht, seine Macht für Gutes zu nutzen.
Der Schöpfer
Experimentierfreude, Vorstellungskraft und Kreativität zeichnen diesen Archetyp aus. Schöpfer sind deswegen Erfinder, Kreateure oder Künstler. Also in gewisser Weise Macher, die Visionen in die Tat umsetzen wollen.
Der Zauberer
Ein Kreativer. Disruption und das Verfolgen von Missionen, die andere noch gar nicht erkennen, bringt er herbei und ermöglicht Wege, die zum Wandel der Welt führen können.
Beispiele für Archetypen
Bei der Beschreibung oben hast du sicher bei jedem Archetyp überlegt, welche Marke wohl in ihrer Kommunikation mit welchem Archetyp spielt – es ging mir nicht anders. Im Folgenden gebe ich dir aktuelle Marken-Beispiele für die jeweiligen Archetypen. Grundsätzlich kann es auch Mischformen geben – So würde ich die Marke IKEA sowohl bei Jedermann als auch bei Entdecker einordnen wollen.
Du siehst, nicht immer ist die Zuordnung eindeutig und trivial. Da die Interpretation der Archetypen auf Erlerntem basiert, gibt es auch subjektive Abweichungen. Aber sieh selbst – tbd. 🙂
Der Unschuldige
Wer ist Unschuldiger als pures, klares Wasser wie Evian oder die Marke Frosch?
Der Weise
Marken, die zu diesem Archetypen zählen, sind TED, IBM oder CONRAD.
Der Entdecker
Bei der Umschreibung des Archetypens „Entdecker“ erscheint doch sofort die Marke IKEA vor deinem inneren Auge, oder? Gleichfalls haben BECK’S und The North Face diesen Archetypen gewählt.
Der Rebell
Natürlich RedBull. Aber auch Tesla und Media Markt gehen den impliziten, rebellischen Kommunikationsweg.
Der Held
Marken, die zu diesem Archetyp zählen, sind Porsche, Nike und Holsten.
Der Liebende
Diesem Archetypen können die Marken Lenor und Chanel zugeordnet werden.
Der Narr
Viel Spaß haben wir mit der Marke EDEKA, oder? Aber auch AIDA setzt diesen Archetyp gezielt ein. Aus der Zeit des linearen Fernsehschauens kommt uns auch der Gedanke an die Marke AXE.
Der Jedermann
Marken, die zu diesem Archetyp gezählt werden können, sind REWE, VW, aber auch IKEA.
Der Betreuer
Sicher ist ADAC hier einzuordnen, aber auch die Marken DOVE und dm.
Der Herrscher
BILD, ROLEX, aber auch amazon. Ob letzterer diesen Archetyp jedoch nicht sogar explizit einsetzt, kann gerne ebenfalls diskutiert werden.
Der Schöpfer
Diesen Archetyp haben die Marken Apple und Adobe verinnerlicht.
Nachtrag vom 23.07.2019, dank des aufmerksamen Users „aleggs“:
Der Zauberer
Wie aleggs es nicht treffender formulieren konnte, kommen in diesem Zusammenhang als erstes die Marken „Apple“ und „Google“ auf. Aber auch Marken wie SpaceX und und Tesla sind Vertreter dieses Archetypens.
Fazit: Die Archetypen im Marketing
Archetypen emotionalisieren systematisch die Marke, wodurch dein Produkt respektive deine Dienstleistung im Markt relevanter wird. Sie schaffen es, Bilder im Kopf deines Konsumenten hervorzurufen und langfristig Vertrauen aufzubauen. Wenn du Archetypen gezielt einsetzt, verschaffst du dir einen Vorsprung vor deinem Wettbewerb. Während dieser weiterhin auf Krach in den Kanälen setzt, rückst du mit archetypischem Storytelling deine Kunden in den Fokus.
Welcher Archetyp ist deine Marke? Ist sie Rebellin, die Weise, oder eine Mischform aus Entdeckerin und Jederfrau?
GIbt es einen Grund, weshalb Sie den Zauberer nicht aufführen?
Hallo liebe(r) Aleggs,
ich gebe die Frage zurück und fände es super spanned von dir zu erfahren, welche Marken oder Unternehmen nach deinem Empfinden dieser Assoziation entsprechen.
Eine Idee hätte ich, aber wen ordnest du hier ein? 🙂
Ich freue mich, von dir zu hören.
Liebe Grüße
Jenny
Hallo Jenny,
nun ja, ich würde hier Apple und Google aufführen….
Wenn der Zauberer noch erscheinen mag… 😉
Gruess Aleggs
+++
Hallo Aleggs,
deine Ideen habe ich aufgenommen und gehe komplett mit dir mit. 🙂
Danke dir, für deinen Input.
Liebe Grüße
Jenny
Ist es klug archtypen zu mischen?
Ich persönlich bin ekne Mischung aus Entdecker und schöpfer. Aber Ordnung und Struktur und Freiheit sind Gegenpole.
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